Thüringen
Fünf Stichworte zu Thüringen wollten wir im Vorhinein von allen am PITH teilnehmenden Hochschulen wissen. Am häufigsten genannt wurden sicherlich Klöße, Würste und Wälder. Ab und zu mischte sich auch eine vermeintlich identifizierte T(h)rostlosigkeit in die Assoziationsketten und es ist sicherlich dem Jubiläumsjahr zu verdanken, dass auch Bauhaus und Weimarer Republik mehrfach genannt wurden. Doch Thüringen ist natürlich noch viel mehr als das. Thüringen ist auch Hochtechnologie und Wintersport, Thüringen ist Entenrennen und Meerschweinchenausstellung, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Denn das ü in Thüringen steht für Überraschungen!
Die sechs größten Städte des Landes reihen sich an einer Kette in Ost-West-Richtung auf – der Thüringer Städtekette. Eisenach, Gotha, Erfurt, Weimar, Jena und Gera bilden die wichtigste Verkehrsachse des Bundeslandes und einen der wichtigsten Wirtschaftsräume in Ost-/Mitteldeutschland. Hier lebt rund ein Viertel der Thüringer Bevölkerung. Während das Thüringer Becken und die Städtekette strukturell Mitteldeutschland zugerechnet werden können, ist Südthüringen schon stark fränkisch beeinflusst. Dies liegt an der natürlichen Grenze zwischen Mittel- und Süddeutschland, die der durch Thüringen verlaufende Rennsteig darstellt. Wegen der abgeschiedenen Lage nahe der deutsch-deutschen Grenze wurde der Süden Thüringens in der DDR auch als ‚Autonome Bergrepublik‘ oder Sozialistisch Unterentwickeltes Hinterland (S.U.H.L) bezeichnet. Heute macht Suhl meist durch einen überdurchschnittlich hohen Rückgang der Einwohner*innenzahl Schlagzeilen. Aber zurück zum Rennsteig. Das Mittelgebirge verläuft durch Thüringen und ist beliebt bei Wandertourist*innen und Wintersportenthusiast*innen gleichermaßen – das Wintersportzentrum in Oberhof ist eine der wichtigsten Reiseziele des Landes. Der unter dem Rennsteig verlaufende Rennsteigtunnel (A71) ist, man höre und staune, der längste Straßentunnel Deutschlands!
Doch das grüne Herz Deutschlands hat noch mehr fun facts aus der bunten Welt der Mobilität zu bieten: Das ostthüringische Gößnitz behauptet, über den längsten Bahnsteig Deutschlands zu verfügen – das stimmt allerdings nicht ganz: in Essen, Mainz und Hamburg gibt es noch etwas längere Bahnsteige. Schade, aber auch bei Bahnsteigrekorden gilt natürlich: Dabei sein ist alles. An anderer Stelle sind die Thüringer Bummelbahnen dann doch Spitzenreiter: Kein anderes Bundesland hat einen derart niedrigen Anteil an elektrifizierten Strecken wie die Toskana des Ostens. Ja, richtig gelesen, es gibt tatsächlich Leute, die (den Nordosten) Thüringens als Toskana des Ostens bezeichnen. Vielleicht erst nach ein paar Gläsern Wein aus Deutschlands nördlichstem Weinanbaugebiet im Grenzgebiet mit Sachsen-Anhalt, ja, aber die mäandernden Flüsse und sanfte Hügellandschaften haben schließlich schon Goethes Augen zu erfreuen vermocht.
Doch es ist natürlich nicht nur ein Augenschmaus, auch die anderen Sinne weiß Thüringen zu bezirzen: Die überregional bekannten Klöße und die Rostbratwurst sind vielleicht die wichtigsten Botschafter des Landes. Und – man höre und staune: Thüringen ist das einzige Bundesland, in dem nicht Coca-Cola Marktführerin für Cola-Getränke ist – sondern die Marke Vita-Cola aus Schmalkalden im Thüringer Wald. Potzblitz. International bekannt sind die Altenburger Spielkarten – hergestellt in Thüringen in, nun ja, Altenburg. Im Jahre 1813 wurde hier das Skatspiel erfunden! Ein Besuch ‚lohnt‘ sich nicht zuletzt auch wegen des Altenburger Rattenkönigs – der größte der Welt! (Ihr könnt ja mal nachschauen, was das ist…)
Doch auch andere Zielgruppen kommen in Thüringen auf ihre Kosten: In Erfurt befindet zum Beispiel der Sitz des KiKA! Von Flensburg bis Füssen erfreuen sich Kinder an Sandmännchen, Käpt’n Blaubär und Bernd dem Brot – und nach Feierabend oder bei Drehpausen sorgen die Held*innen in der Erfurter Altstadt für frohe Gesichter und einen Reigen von Likes auf Instagram.
Beim PITH 2019 erfurtweimar wollen wir euch noch viele andere Facetten von Thüringen zeigen und euch unsere Region näherbringen. Freut euch auf Ausflüge nach Gera und Ohrdruf, nach Apolda und Nordhausen – und natürlich auf die Planungsfachschaften in Erfurt und Weimar!
Erfurt
Denkst du an Erfurt, dann dreht sich in deinem Kopf vermutlich erstmal alles um Thüringer Klöße, Menschen mit merkwürdig witzigem Dialekt und die gute alte DDR WBS 70 – Platte forever. Du wirst wenig überrascht sein, wenn wir Dir sagen: Erfurt ist all das! Aber mal ehrlich, im Herzen Deutschlands geht weitaus mehr als die Erfüllung von teils weniger reizenden Klischees und Vorurteilen.
Erstmals erwähnt wurde Erfurt im Jahr 742, besonders im Mittelalter erlebte es eine Blütezeit. Viele Vertreter*innen des christlichen und jüdischen Glaubens zog es in die Stadt, was sich durch zahlreiche Gotteshäuser bis heute manifestiert. Eines der Wahrzeichen Erfurts ist der prächtige Dom mit angrenzendem Domplatz. Nicht nur Elton John oder Clueso haben dort schon die Bühne gerockt, auch die jährlich stattfindenden Domfestspiele oder der Erfurter Weihnachtsmarkt sind ‚Highlights‘ der menschlichen Bespaßung. Zahlreiche Museen, die Oper und das Theater bieten Tourist*innen ein breitgefächertes kulturelles Angebot.
Besonders sehenswert ist die Erfurter Altstadt. Hier erlebst du ein wundervolles Mittelalter-Feeling gepaart mit modernem Charme und stetig zunehmender hipper/alternativer Student*innenkultur. Hier sagen sich nicht nur Käpt’n Blaubär und Hein Blöd, Tabaluga und Bernd das Brot gute Nacht. Auf deinen nächtlichen Eskapaden wirst du vermutlich dem Brezelmann vor die Füße fallen und dich mit ihm auf eine weitere Runde Schnaps sowie ne‘ Mitternachts-Snack Brezel einlassen. In zahlreichen – naja, sagen wir der Stadtgröße angemessen – Bars und Clubs kannst du deinen Pfeffi-Durst stillen und das Tanzbein schwingen.
Beliebter Anlaufpunkt ist die Krämerbrücke, auf der mit kleinen Handwerksstuben und Geschäften die jahrelange Handelstradition fortgesetzt wird. Es ist die längste durchgehend mit Häusern bebaute Brücke Europas (das sagt zumindest dieses Internet) und ziemlich fancy, wie wir Erfurter*innen finden. Besonders im Sommer kannst du hier bei einem sagenhaften sündigen Eis von Goldhelm (keine Schleichwerbung an dieser Stelle, aber irgendwie schon) oder leckerem Bierchen die Seele baumeln lassen.
Schon immer war die Stadt ein wichtiger Knotenpunkt des Handels. Heute ist Erfurt DER Knotenpunkt in der verkehrlichen Anbindung Thüringens durch die Bahn. Spätestens seit der Eröffnung der neuen Strecke zwischen Berlin und München ist die Stadt ein zentraler Anlaufpunkt von (Fern-)Zügen aus allen Teilen Deutschlands. Mit dem Großprojekt ‚ICE-City Erfurt‘ wird nun auf ca. 30 Hektar rund um den Hauptbahnhof ein neues Stadtviertel entstehen. Warten wir mal ab und hoffen, dass es diesmal etwas organisierter läuft als bei anderen Großprojekten wie S21 oder BER. Aber wir wollen natürlich auch an dieser Stelle keine Schwarzmalerei betreiben, höchstens etwas Schwarzplanmalerei!
Schon gewusst? Die Universität Erfurt ist die älteste Universität Deutschlands! Gegründet wurde sie in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts. Einer der bekanntesten Student*innen ist wohl Martin Luther, der alte Thesenhauer, der von 1501 bis 1505 hier studierte. Eine ganze Kreidezeit später wurde im Jahr 1991 die FH Erfurt gegründet. Neben 17 Bachelorstudiengängen bietet die FH Erfurt 13 Masterstudiengänge an. Glücklicherweise haben wir SuR-Studis seit nun mehr 11 Jahren unseren festen Platz in der Lehre. Obwohl auch bei uns das Kriegsbeil mit den Archis noch nicht begraben zu sein scheint (wie immer: die alte Raumproblematik, welch’ wörtliche Ironie sich doch immer wieder aufs Neue dahinter verbirgt) sind wir mittlerweile auf dem Vormarsch. Insgesamt sind an der FH Erfurt knapp 4.000 und an der Universität Erfurt knapp 6.000 Student*innen eingeschrieben. Zusammen versuchen wir, das etwas angestaubte Renterimage der Landeshauptstadt etwas aufzumotzen!
Weimar
Weimar hat aus historischer Perspektive einige spannende Inhalte zu bieten, die es lohnt, genauer zu betrachten. Seit der ersten urkundlichen Nennung im Jahr 899 hat sich in der Stadt viel getan. 1410 erhielt Weimar das Stadtrecht und die Stadtfreiheit. Die Stadt ist von jeher ein beliebter Sitz für deutsche Adelsfamilien und Künstler*innen. So lebten Bekanntheiten wie Johann Sebastian Bach, Anna Amalia, Herzog Carl August, Johann Wolfgang von Goethe, Friedrich Schiller oder Franz Liszt in Weimar. Mit Eröffnung der Herzoglichen Kunsthochschule im Jahr 1860 und der Gründung der Weimarer Orchesterschule (heute die Hochschule für Musik Franz Liszt) 1872 wurde der Grundstein für die Ausbildung junger Menschen in Weimar gelegt. 1919 tagte im Deutschen Nationaltheater die Weimarer Nationalversammlung: Die Weimarer Republik wurde ausgerufen. Im gleichen Jahr gründete der Weimarer Architekt Walter Gropius das staatliche Bauhaus – deshalb werden 2019 in Weimar gleich zwei 100jährige Jubiläen begangen. 1937 errichten die Nationalsozialisten das Konzentrationslager Buchenwald, welches bis 1945 bestand und anschließend von der sowjetischen Besatzungsmacht als Speziallager genutzt wurde.
Weimar ist ein bisschen wie ein Schatzkästchen, das viele Ecken und Geheimfächer hat und in dem man auch nach längerer Zeit immer wieder etwas Neues finden kann. Da sind natürlich zunächst die klassischen Sehenswürdigkeiten, denen man immer einen Besuch abstatten kann: das Stadtschloss, der Park an der Ilm, das Deutsche Nationaltheater, das Gau-Forum, Goethes Gartenhaus, die Herderkirche, das Haus am Horn oder das Hauptgebäude der Bauhaus-Universität. Abseits der Wege der Stadtführer*innen kann man durch die Gassen der Altstadt schlendern, in der Ilm baden gehen oder das Kirschbachtal erkunden.
In Weimar gibt es viele verschiedene planerisch relevante Hotspots. Von DER Straßenkreuzung der Stadt am Sophienstiftsplatz (Willkommen im Verkehrsinsel-Resort!), über die Neugestaltung des Platzes vor dem Uni-Hauptgebäude (ein partizipatives-Debakel) bis zur Frage, wie eine Brache in der Schillerstraße weiter genutzt werden kann (Interessenskonflikte ahoi!) – viele verschiedene Themen prägen das Stadtgeschehen und sind durch die kompakte Größe der Stadt sehr präsent im Alltag. Nicht nur in urbanistischen Kreisen wird viel diskutiert und interveniert. Für besondere Highlights sorgt regelmäßig das Kollektiv Raumstation, das sich zum Ziel gesetzt hat, mit vielfältigen Aktionen im öffentlichen Raum Bewusstsein und Veränderung anzustoßen.
Die Bauhaus-Universität lebt eindeutig von der Initiative der Student*innen, die sich in alle relevanten Themen einmischen und diese mitgestalten. Die vergleichsweise geringe Anzahl von Student*innen hält nicht davon ab, einen sehr regen Alltag hier in Weimar zu verbringen. Regelmäßig gibt es Veranstaltungen, die über die Inhalte der Lehre hinausgehen und so dazu beitragen, dass die Uni ein sehr vielfältiger und lebendiger Ort wird.